OCD und die Entstehung von Chips
Bei der Entstehung von Chips erfolgt im Verlauf des Wachstums an der Gelenkfläche eine lokale Störung beim Prozess der Verknöcherung des wachsenden Knorpels. Der Knorpel wird an dieser Stelle dicker. Da Knorpel nicht mit Blutgefäßen durchzogen ist, erfolgt die Ernährung ausschließlich durch Diffusion aus der Umgebung. Wird der Knorpel zu dick, werden die Distanzen zu groß und der Knorpel wird in der Tiefe nicht mehr ausreichend ernährt. Initial kommt es zu einer anormalen Differenzierung der Knorpelzellen und der Produktion einer fehlerhaften interzellulären Matrix (Knorpelgrundsubstanz). Im weiteren Verlauf führt die Unterversorgung zum Absterben des Knorpels in der Tiefe. Die Region wird instabil und es bilden sich u.U. Risse in der Gelenkfläche. Wenn sich diese weiter ausdehnen, kommt es zur Ablösung und damit zur Entstehung eines Chips. Die Chips bleiben entweder in ihrem sogenannten Chipbett angeheftet an Ort und Stelle oder lösen sich komplett und schwimmen dann frei im Gelenk.
Wachsender Gelenkknorpel am Ende eines Röhrenknochen und der Prozess der Entstehung eines Chips. Knorpel ist blau dargestellt, gelbe Bereiche stellen abgestorbenen Knorpel dar.
Bei Pferden unter einem Jahr kann Spontanheilung erfolgen, sofern sich die Gelenkfläche bzw. der Chip nicht vollständig gelöst hat. Bei Pferden über einem Jahr erfolgt keine Spontanheilung mehr.
Die verletzte Knochenstruktur oder auch der Chip selbst reizen das Gelenk. Dies führt zu einer erhöhten Produktion von Gelenkschmiere und einem stark gefüllten Gelenk. Wo möglich bilden sich Gelenksgallen, die ein Hinweis auf das Vorliegen einer OCD sein können. Die Gelenksgallen sind auch für den Laien ersichtlich.
An Gelenken bei denen Gallen nicht oder schwer erkennbar sind, wird es schwieriger. Hier kann nur der Tierarzt an Hand der Röntgenbilder und/oder einer Untersuchung der Gelenksflüssigkeit eine Einschätzung abgeben. Im Falle einer Lahmheit, die auf das betroffene Gelenk zurückgeführt werden kann, sollte in jedem Fall die Entfernung des Chips in Erwägung gezogen werden.
In der eigenen Erfahrung hat sich jedoch gezeigt, dass auch Chips, von denen man annahm, dass sie harmlos sind, äußerlich nicht wahrnehmbare Schäden verursachen können.
Linkes Bild Entstehung eines Chips im Kniegelenk, rechtes Bild abgelöster Chip, der aber noch an der Gelenksoberfläche angeheftet ist.
In diesem Fall haben sich Fragmente bzw. Chips gelöst und sind nun frei im Gelenk
Maßnahmen beim Vorliegen von Chips
Der therapeutische Ansatz besteht in aller Regel in einem operativen Eingriff. Die Entscheidung zur Operation hängt vom klinischen Verlauf und den Veränderungen ab. Nicht jeder Chip muss unbedingt entfernt werden. Ob operiert werden sollte, hängt vom Grad der Gelenksreizung ab. Bei Anzeichen einer Gelenksreizung durch die Osteochondrose sollte zur Prävention von Schäden operiert werden. Die Gelenkreizung äußert sich am einfachsten sichtbar als Galle. Wenn rechtzeitig operiert wird, bleibt keine dauerhafte Ausweitung der Gelenkkasel (Galle) bestehen.
Gelenksoperationen werden inzwischen auschließlich arthroskopisch durchgeführt. Die Eingriffe sind daher minimal invasiv, was die Prognose und Abheilung wesentlich verbessert.
Arthroskopisches Instrumentarium
Auffüllen des Gelenkes mit Spüllösung
Der Blick in´s Gelenk erfolgt über eine Kamera, die das Bild auf einen Monitor übertägt
Operation über den Bildschirm
Gelenksbefunde: Zottenhypertrophie, Chip und Knorpeldefekte
Entfernung von Fragmenten mittels Arthroskopischer Zangen
Greifen eines Chips bzw. im rechten Bild einer Knorpelablösung
Die Hautschnitte sind äußerst klein - minimal invasive Chirurgie
Video Chipentfernung im Sprunggelenk
Knorpeldefekt am Rollkamm
Video des arthroskopischen Eingriffs zu obigen Befund
Chips können grundsätlich an allen Gelenken auftreten. Beim Pferd häufig betroffene Gelenke sind:
- Kniegelenk
- Sprunggelenk
- Fesselgelenk
- Hufgelenk
Kniegelenk
Symptome sind Schwellung, Steifheit und/oder Lahmheit. Sobald keine Chance auf Selbstheilung mehr besteht, sollte operiert werden. Je später die Operation erfolgt, desto geringer sind die Erfolgsaussichten. Da die Schäden oft groß sind, sind die Erfolgsaussichten besser, solange das Pferd noch wächst und damit Zeit hat Defekte auszugleichen.
Gleitflächendefekt am Rollkamm des Kniescheibengelenkes mit Ablösung des Gelenkknorpels
Entfernung von abgelöstem Knorpel
Abgelöste Knorpelfragmente
Sprunggelenk
Symptome sind deutliche Gallenbildung, wenn der Chip im Gelenk stört und eher selten Lahmheit. Wenn eine vermehrte Gelenksfüllung dauerhaft auftritt, sollte man Chips entfernen bevor Schäden im Gelenk auftreten. Die Erfolgschancen sind in den meisten Fällen sehr gut.
Typischer Chip im Sprunggelenk
Fesselgelenk
Symptome sind Gallenbildung, häufig Lahmheit und gelegentlich plötzliches „Wegknicken“ eines Beines bei freien Chips. Die Entfernung ist notwendig bei Lahmheit oder wenn der Chip frei beweglich ist. Außerdem bei anhaltender Reizung des Gelenks und ab einer gewissen Größe. Die Erfolgschancen sind in den meisten Fällen sehr gut solange noch keine größeren Schäden im Gelenk vorliegen. Chips, die in den Gleichbeinbändern liegen („hinten“ im Gelenk unter den Gleichbeinen), sind oft schwer zugänglich, stören dort aber auch meistens nicht.
Verschiedene Lokalisationen von Chips im Fesselgelenk
Chip und Schaden durch einen Chip im Fesselgelenk
Massive Arthrose und partiell vollständiger Verlust des Gelenkknorpels durch nicht rechtzeitig entfernten freien Chip im Fesselgelenk
Hufgelenk
Die meisten „Chips“ im Hufgelenk sind keine durch OCD bedingten Chips. In vielen Fällen sind es eher Metaplasien bzw. Verknöcherungen in der Strecksehne oder das Resultat einer isolierten Verknöcherungszone oberhalb des Strecksehnenfortsatzes. Letzters ist aber ebenfalls den Wachstumsstörungen zuzuordnen. Chips im Hufgelenk könne Lahmheit verursachen, oft sind sie aber ohne klinische Bedeutung. Bei nachgewiesener Schmerzhaftigkeit müssen Hufgelenkschips entfernt werden. Obwohl das Gelenk sehr wenig Raum für das Arthroskop lässt, kann man CHips im Hufgelenk mit entsprechendem Instrumentarium gut arthroskopisch entfernen.
Chip im Hufgelenk
Fehlbildung des Strecksehnenfortsatzes, wie er gehäuft bei Friesen vorkommt
Metaplasie in der Strecksehne
Halswirbelsäule
Chips in der Halswirbelsäule treten zwar selten auf, sind dann aber eine diagnostische Herausforderung für den Tierarzt, denn sie sind röntgenologisch nicht immer einfach darstellbar. Außerdem sind die Symptome oft sehr unspezifisch. Meist lässt sich der Hals nicht gut stellen oder es tritt beim Reiten einseitiges Schwitzen am Hals auf. Die Prognose ist schlecht da eine operative Entfernung derzeit noch nicht möglich ist.
Beispiel für einen Chip im Halswirbelgelenk
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